Prozess oder Kulanz
Die gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften sind sehr allgemein und betreffen alle Kaufverträge (Neu- und Gebrauchtwaren, Immobilien, Kleidung uVm).
Speziell bei Gebrauchtwagen gibt es – unter anderem durch die Zunahme an Rechtsschutzversicherten – die Entwicklung, dass beide Seiten eines Gebrauchtwagenkaufvertrages vermehrt bereit sind, ihre Rechte gerichtlich durchzusetzen bzw. zu verteidigen. Dies führt neuerlich zu einer größeren Anzahl von Prozessen betreffend die Gewährleistungspflicht beim Gebrauchtwagenkauf. Diese Entwicklung ist für die Praxis insofern positiv, als viele bisher sowohl gesetzlich als auch in der Rechtsprechung noch ungeklärte Fragen zu diesem Thema nun verstärkt behandelt werden und somit die Rechtssicherheit gestärkt wird.
Eine Besonderheit bei Prozessen betreffend Gebrauchtwagenkäufe ist die Tatsache, dass die Fragen über die Art der Mängel, den Zeitpunkt ihres Auftretens und über den Wert des Fahrzeugs nur von einem Sachverständigen beurteilt werden können. Die Kosten eines Sachverständigen betragen im Regelfall zwischen EUR 1.000,00 und EUR 4.000,00. Die Notwendigkeit der Einholung von Sachverständigengutachten bringt für die Parteien auch Beweisrisiken mit sich, insbesondere bei Verträgen über Fahrzeuge mit einer hohen Laufleistung oder älteren Baujahres. In solchen Fällen kann auch der Sachverständige selten mit Sicherheit angeben, wann ein Mangel entstanden ist.
Zu den Sachverständigenkosten kommen im Prozess auch die Anwaltskosten und die Kosten der gerichtlichen Pauschalgebühr hinzu. Dies führt insbesondere bei älteren Fahrzeugen dazu, dass die Verfahrenskosten schnell den Wert des Streitgegenstandes überschreiten können. Wenn die Parteien über keine Rechtsschutzversicherungen verfügen, die die Verfahrenskosten zur Gänze oder zumindest teilweise decken, kann eine Prozessführung unwirtschaftlich sein. Gerade auf der Händlerseite ist daher sorgfältig abzuwägen, ob ein gerichtliches Vorgehen sinnvoll ist.
Für die Beurteilung der Frage der Wirtschaftlichkeit einer Prozessführung ist daher oft die Expertise eines in dem Bereich versierten und mit den Gepflogenheiten bestens vertrauten Anwalts eine große Hilfe. Die anwaltliche Expertise ist auch erforderlich, um die Grenzen der eigenen Kulanz zu finden.
Dieser Text dient lediglich Ihrer Vorabinformation und ersetzt nicht die Rechtsberatung im Einzelfall. Wir beraten Sie gerne zu der Frage, ob ein rechtliches Vorgehen in Ihrem Fall wirtschaftlich und sinnvoll ist. Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, so kümmern wir uns gerne um die Abwicklung und Abrechnung mit dieser, egal um welchen Anbieter es sich handelt.
