In Österreich wird das Schmerzensgeld als eine Form des immateriellen Schadenersatzes betrachtet, das Verletzten für erlittene Schmerzen und seelisches Leid zugesprochen wird. Dieser Beitrag wird die wichtigsten Fragen rund um das Thema Schmerzensgeld in Österreich beantworten und Ihnen helfen, einen Überblick über das komplexe Rechtsgebiet zu bekommen.
Was ist Schmerzensgeld?
Schmerzensgeld ist eine Entschädigungszahlung, die für die erlittenen körperlichen oder seelischen Schmerzen aufgrund eines Unfalls oder eines unerlaubten Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit gezahlt wird. Es dient dazu, das erlittene Leiden des Betroffenen zu kompensieren, indem es ihm eine finanzielle Entschädigung als Ausgleich für die entgangene Lebensfreude bietet. Das Ziel ist, dem Verletzten durch diese Geldsumme bestimmte Erleichterungen oder Annehmlichkeiten zu ermöglichen, die seine Lebensqualität verbessern könnten. Dabei geht es nicht um den Ersatz von Vermögensschäden, sondern um die Kompensation von immateriellen Schäden, die oft nicht messbar sind.
Wer zahlt das Schmerzensgeld?
Schmerzensgeld wird im Regelfall von der Person oder dem Unternehmen gezahlt, die für die Schädigung verantwortlich sind. Bei Verkehrsunfällen oder Behandlungsfehlern wird oft die Haftpflichtversicherung des Verursachers diese Kosten übernehmen.
Das Schmerzensgeld muss jedoch meist vor Gericht erstritten werden, wenn sich die Parteien nicht außergerichtlich auf eine angemessene Summe einigen können. In diesen Verfahren wird für gewöhnlich ein Sachverständigengutachten eingeholt, um die Schwere und Dauer der Schmerzen zu bewerten und entsprechend zu beziffern.
Wie hoch ist das Schmerzensgeld?
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere und Dauer der erlittenen Schmerzen. In der gerichtlichen Praxis wird dabei häufig nach einem sogenannten „Tagsatzmodell“ vorgegangen. Hierbei wird die Schmerzperiode, die ein Verletzter erleidet, in Schmerzgrade eingeteilt:
- Leichte Schmerzen: 110 bis 140 Euro pro Tag,
- Mittelstarke Schmerzen: 220 bis 280 Euro pro Tag,
- Starke Schmerzen: 330 bis 420 Euro pro Tag.
Diese Tagsätze können jedoch je nach Bundesland und dem spezifischen Einzelfall variieren. Insbesondere bei besonders schweren Verletzungen oder langandauernden Beeinträchtigungen kann das Schmerzensgeld auch in Form einer „Globalsumme“ zugesprochen werden. Diese berücksichtigt die Gesamtdauer und Intensität der erlittenen Schmerzen und seelischen Beeinträchtigungen.
Unterschied zwischen Schmerzensgeld und Schadenersatz?
Während das Schmerzensgeld ausschließlich immaterielle Schäden wie Schmerzen und seelisches Leid kompensiert, zielt der Schadenersatz darauf ab, finanzielle Verluste zu ersetzen. Dies können zum Beispiel Kosten für medizinische Behandlungen, Verdienstausfälle oder Reparaturkosten nach einem Unfall sein. Schadenersatzansprüche können parallel zu Schmerzensgeldansprüchen geltend gemacht werden.
Wie wird Schmerzensgeld bemessen?
Die Bemessung des Schmerzensgeldes erfolgt in Österreich anhand der individuellen Umstände des Einzelfalls. Ein Schmerzperiodengutachten eines medizinischen Sachverständigen ist dabei oft entscheidend, um die Schmerzperioden zu ermitteln. Diese Perioden werden dann in einem 24-Stunden-Rhythmus gemessen und entsprechend kategorisiert. Neben der Dauer der Schmerzen wird auch deren Intensität berücksichtigt:
- Leichte Schmerzen erlauben es dem Betroffenen, seinen Alltag weitestgehend normal zu gestalten,
- Mittelstarke Schmerzen schränken die Lebensqualität stark ein,
- Starke Schmerzen dominieren das Leben der betroffenen Person und lassen kaum Raum für Ablenkung oder Freude.
In besonders gravierenden Fällen kann Schmerzensgeld auch für psychische Schäden, wie Traumata oder psychische Erkrankungen, zugesprochen werden. Der OGH entschied beispielsweise in einem Fall, dass einer Frau, die Zeugin eines tödlichen Unfalls war und danach eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelte, ein Schmerzensgeld von 11.000 Euro zusteht, obwohl sie selbst keine körperlichen Verletzungen erlitt. Auch bei nachgewiesenem Mobbing am Arbeitsplatz kann Schmerzensgeld zugesprochen werden.
Welchen Anwalt soll ich für Schmerzensgeld nehmen?
Es ist immer vorteilhaft, einen erfahrenen Anwalt an seiner Seite zu haben, insbesondere bei Schmerzensgeldverfahren. In der Praxis fehlt häufig ein Schmerzperiodengutachten vor der Klageerhebung und wird erst während des Verfahrens vom gerichtlich bestellten Sachverständigen verfasst. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Anwalt bereits im Vorfeld die später vom Sachverständigen festgelegten Schmerzperioden richtig einschätzt. Setzt der Anwalt das Schmerzensgeld zu niedrig an, kann seine Mandantschaft unterkompensiert werden; schätzt er es zu hoch, drohen negative Kostenfolgen im Verfahren. Aufgrund der Komplexität vieler schadenersatzrechtlichen Verfahren, bei denen oft diverse Versicherungen, besonders Haftpflichtversicherungen, beteiligt sind, sind auch versicherungsrechtliche Kenntnisse unerlässlich.
Fazit
Schmerzensgeld ist in Österreich ein komplexes und sensibles Thema, das oft mit vielen rechtlichen und medizinischen Aspekten verbunden ist. Um das Ihnen zustehende Schmerzensgeld erfolgreich einzufordern, sollten Sie einen erfahrenen Anwalt beauftragen, der auf Schadenersatzrecht spezialisiert ist. Er wird sicherstellen, dass alle notwendigen Schritte unternommen werden, um Ihre Ansprüche zu bewerten und durchzusetzen.