Die Thematik der Aufklärungspflicht des Verkäufers beim Verkauf eines KfZ, insbesondere im Falle von Gebrauchtfahrzeugen, ist in ihren Einzelheiten sehr komplex und bedarf einer präzisen Beurteilung je nach konkreter Lage des Falles.
Gesetzliche Regelung
Es gibt keine explizite gesetzliche Regelung in Österreich, inwiefern ein vormals verunfalltes Fahrzeug als solches beim Verkauf angegeben werden muss. Es bestehen jedoch allgemeine verkehrsübliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten.
Pflicht zur Aufklärung
Jedenfalls besteht die Pflicht zur Aufklärung über vormalige Unfallschäden, wenn sich der Interessent/Käufer ausdrücklich danach erkundigt oder erkennbar darauf Wert legt. Auch kann eine Aufklärungspflicht angenommen werden, wenn es sich um bekannte gravierende Unfallschäden handelt, bei welchen etwa auch naheliegt, dass sie die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können. Dies resultiert bereits aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten des Verkäufers.
Zustandsklasse 3
Es wird jedoch vertreten, dass eine generelle Aufklärungspflicht eines Gebrauchtwagenverkäufers über die Art von Vorschäden grundsätzlich nicht besteht, wenn im Zustandsbericht über das Fahrzeug festgehalten ist, dass Vorschäden vorliegen können. Dies ist jedenfalls bei der „Zustandsklasse 3“ der Bewertungsskala von Gebrauchtfahrzeugen der Fall. Nach dieser Zustandsklasse dürfen „früher behobene Unfallschäden“ an der Karosserie und Reparaturen sowie Abnützungserscheinungen an mechanischen Teilen vorliegen.
Neues Gewährleistungsrecht 2022
Das neue Gewährleistungsrecht 2022 hat vor allem die Rechte von Verbrauchern gestärkt. Es wird nun von subjektiven (vereinbarten) und objektiven (verkehrsüblichen) Eigenschaften des Kaufgegenstandes gesprochen. Dabei wurde bei den objektiven Eigenschaften, das sind jene, die „für gewöhnlich vorausgesetzt werden“, ein strengerer Mindeststandard etabliert. Weicht der Kaufgegenstand von den objektiven Änderungen ab, muss der Verkäufer ausdrücklich darauf hinweisen und der Käufer muss beim Vertragsabschluss ausdrücklich der Abweichung von den üblicherweise vorausgesetzten Merkmalen zustimmen. Zum neuen Gewährleistungsrecht ist noch keine gefestigte Rechtsprechung vorhanden, es bleibt abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung hinsichtlich der Aufklärungspflicht bei vormals verunfallten Fahrzeugen (trotz Einstufung in die entsprechende Zustandsklasse) künftig verschärft.
Empfehlung
Der Umstand der Aufklärungspflicht hängt somit letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Möchten sich Gebrauchtwagenhändler auf der absolut sicheren Seite wissen, insbesondere in Hinblick auf die künftige Rechtsprechung zu den objektiven Eigenschaften, so empfiehlt sich, bekannte Vorschäden ausdrücklich zu bezeichnen.